Medizinisches Cannabis seit der Legalisierung

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Cannabis ist der Menschheit schon seit vielen Generationen als Medizin bekannt, archäologische Funde lassen darauf schließen, dass es in China schon um 4000 v. Chr. als Heilpflanze genutzt wurde. Auch in Deutschland ist die Hanfpflanze schon lange keine Unbekannte mehr, im 12. Jahrhundert empfahl Hildegard von Bingen sie gegen Übelkeit und Magenschmerzen anzuwenden. Heute ist Cannabis vielen vor allem als illegales Rauschmittel bekannt, doch zumindest in der Medizin wird sich jetzt wieder intensiver und vom Gesetzgeber genehmigt, mit der natürlichen Heilkraft der Pflanze beschäftigt.

Veränderte Gesetzeslage

Seit dem 10. März 2017 ist Cannabis in Deutschland als Medikament zugelassen. Zwar durfte Medizinalhanf schon seit 2011 verschrieben werden, jedoch nur in sehr wenigen Ausnahmefällen unter strengen Vorschriften. Vor der Zulassung waren es so nicht einmal 1000 Schmerzpatienten, die eine Ausnahmegenehmigung erhielten, welche aufwendig beantragt werden musste. Zur Kontrolle des Anbaus von medizinischem Cannabis hat das BfArM (Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte) eine eigene Abteilung, die sogenannte Cannabisagentur, eingerichtet. Diese ist gleichzeitig für die Erhebung und Auswertung von Behandlungsdaten zuständig.

Mit der Zulassung von medizinschem Cannabis haben Ärzte die Therapiehoheit bekommen. Sie entscheiden, ob ein Patient die Blüten oder daraus gewonnene Arznei bekommen darf. Nach wie vor können die Krankenkassen jedoch eine Kostenübernahme ablehnen, in diesen Fällen müssen die Patienten für die verschriebenen Medikamente selbst aufkommen. Laut Informationen des Deutschen Ärzteblatts lehnen die Krankenkassen 25 bis 50% der Anträge auf Kostenübernahme ab.

Wer bekommt Cannabis verschrieben?

Voraussetzung, um Cannabinoide verschrieben zu bekommen, ist laut Gesetzestext “eine schwerwiegende Erkrankung” (31 SGB V Arznei- und Verbandmittel Absatz 6). Eine Erkrankung wird dann als schwerwiegend verstanden, wenn sie die Lebensqualität nachhaltig beeinträchtigt oder lebensbedrohlich ist. Nicht gesetzlich eingegrenzt ist wiederum bei welchen Krankheitsbildern Cannabis eingesetzt werden soll. Da Cannabis zahlreiche Wirkstoffe enthält, ist es in einem weiten Feld einsetzbar.

Unterschiedliche Wirkungen

Die beiden bekanntesten Wirkstoffe im Cannabis sind THC und CBD. Je nach Bedarf können Sorten mit unterschiedlich hohem Gehalt gezüchtet werden. CBD wirkt entzündungshemmend, laut den Ergebnissen aktueller Forschungen kann es sogar zur Reduzierung von Entzündungen beitragen. Da es zusätzlich schmerzlindernd, schlaffördernd und beruhigend wirkt, ist es vielseitig einsetzbar. Auch das halluzinogene THC wirkt entspannend, zusätzlich appetitanregend und fördert das Wohlbefinden.

Alternative zu Schmerzmitteln

Die Therapie bei Krankheiten mit chronischen Schmerzen gestaltet sich oft als schwierig, da Schmerzmittel in der Regel nicht dauerhaft eingenommen werden können, weil sie Organschäden verursachen und eine Abhängigkeit entstehen kann. Bei einer Therapie unter ärztlicher Aufsicht, sind diese negativen Begleiterscheinungen bei der Behandlung mit Cannabis nicht zu erwarten. Dementsprechend sind Krankheiten bei denen chronische Schmerzen auftreten eines der häufigsten Einsatzgebiete.

Ausbruch aus dem Teufelskreis

Patienten mit chronischen Schmerzen schlafen oft schlecht. Schlafmangel wiederum führt zu Gereiztheit, Stress und verstärkt wahrgenommenen Schmerz. Die Kombination der Wirkeigenschaften von Cannabis kann diesem Teufelskreis effektiv entgegenwirken. Prominentes Beispiel sind Rückenleiden, diese werden in Deutschland auch als die Volkskrankheit Nr. 1 beschrieben. In Extremfällen werden sie chronisch, hier wird je nach Schmerzzone vom LWS-(Lendenwirbelsäulensyndrom), BWS- (Brustwirbelsäulensyndrom) und vom HWS-Syndrom (Halswirbelsäulensyndrom) gesprochen.

Bei rheumatischen Erkrankungen wie Fibromyalgie, ist die entzündungshemmende Wirkung ein weiterer positiver Aspekt bei der Fibromyalgie-Therapie, der erst seit einigen Jahren bekannt ist. In einer amerikanischen Studie bei der 1300 Fibromyalgie-Patienten befragt wurden, sagten 62% der Befragten aus, dass Cannabis ihnen gegen die Beschwerden der Krankheit helfe - die anderen üblichen Arzneimittel erreichten jeweils höchstens 10%. Viele Patienten berichteten, dass die Medikation mit Cannabinoiden ihnen das erste Mal seit Eintreten der Krankheit ein Leben ermöglichte, welche nicht durch die Symptome dominiert.

Hilfreich gegen zahlreiche Krankheiten

Die Palette der Krankheitsbilder bei denen medizinisches Cannabis zur Behandlung einsetzbar ist, ragt jedoch weit über chronische Schmerzen und rheumatische Erkrankungen hinaus. Schon länger wird es bei Zwangserkrankungen wie Tourette und bei schweren Krankheiten wie Multipler Sklerose eingesetzt. Beide gehören zu den wenigen Fällen, in denen schon vor dem 10. März 2017 Ausnahmegenehmigungen erteilt wurde. Auch bei Spastiken wird Cannabis verschrieben. Gegen die Belastungen einer gegen Krebs durchgeführten Chemotherapie ist es ein hilfreiches Mittel. Es wirkt gegen die Übelkeit und das Erbrechen, sowie gegen Appetitlosigkeit und ist zusätzlich stimmungsaufhellend.

Zukunftsaussichten

Die Cannabisforschung steckt noch in den Kinderschuhen. Das volle Potenzial ist laut der Einschätzung von Experten noch lange nicht ausgeschöpft. Uneingeschränkt sind Cannabinoide nicht zu empfehlen, wie jedes andere Medikament sind sie nicht nebenwirkungsfrei. Die guten Ergebnisse in vielen Einsatzgebieten sprechen jedoch für sich, voraussichtlich werden in Zukunft weitere Medikamente auf Grundlage von Cannabis entwickelt.


Letzte Änderung: 15.12.2017

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