Blutegel: Blutegeltherapie & Blutegelbehandlung - die kleinen schwarzen Helfer
Der Blutegel (Hirudo medicinalis) dient seit ca. 4.000 Jahren dem Wohle des Menschen. Anfang des 19. Jahrhundert war er durch übertriebenen medizinischen Einsatz fast ausgerottet. Inzwischen steht er in Deutschland unter Naturschutz und wird für den medizinischen Einsatz in speziellen Blutegelfarmen gezüchtet (z.B. ZAUG GmbH in Biebertal).
Wie helfen uns Blutegel?
Blutegel enthalten in ihrem Speichel eine Vielzahl von Substanzen, die unterschiedlich wirken.
Hier die Wichtigsten:
Hirudin
- Hemmung der Blutgerinnung
- Anregung der Leukozyten (weiße Blutkörperchen, Bestandteil unserer Immunabwehr)
Calin
- Hemmung der Blutgerinnung, setzt im Anschluss an die Wirkung von Hirudin ein und bewirkt die ca. 12-stündige Nachblutung, den gewünschten sanften Aderlass
Bdellin
- entzündundungshemmend (antiphlogistisch)
Eglin
- entzündundungshemmend (antiphlogistisch)
Orgelase (Hyaloronidase)
- bewirkt die Ausbreitung der heilsamen Substanzen in das Gewebe
- tötet Bakterien ab (bakterizid)
histaminähnliche Substanzen
- weiten die Blutgefäße an der Saugstelle, bewirken dadurch eine verstärkte Durchblutung und den Eintritt der heilsamen Substanzen in das Gewebe
Zusammenfassung der Wirkungen
- entzündungshemmend (antiphlogistisch)
- bakterienabtötend (bakterizid)
- gerinnungshemmend (antithrombotisch)
- Verbesserung der Fließeigenschaften (Viskosität) des Blutes durch Blutverdünnung
- Anregung des Lymphabflusses
- Anregung des Immunsystems
- sanfter, Kreislauf schonender Aderlass
Bei welchen Beschwerden/Krankheiten werden Blutegel eingesetzt?
- Besenreiser, Krampfadern (Varizen)
- Venenentzündung (Thrombophlebitis)
- Kopfschmerzen, Migräne
- Mittelohrentzündung (Otitis media)
- Rachen- und Mandelentzündung (Angina)
- Hörsturz, Tinnitus
- Durchblutungsstörungen
- Brustfellentzündung (Pleuritis)
- Gallenblasenentzündung (Cholezystitis)
- Brustentzündung (Mastitis)
- Sehnenscheidenentzündung (Tendovaginitis)
- Schleimbeutelentzündung (Bursitis)
- Arthritis, Arthrose
- Verhärtung der Muskulatur (Myogelosen)
- Fibromyalgie
- Entzündungen der Haut (Furunkel, Abszesse)
- Prellungen, Quetschungen
Wann dürfen Blutegel nicht eingesetzt werden (Kontraindikationen)?
- Bluter (Hämophilie)
- Patienten, die gerinnungshemmende Medikamente einnehmen (z.B. Heparin oder Marcumar)
- fortgeschrittene Lebererkrankungen
- schwere Blutarmut (Anämie)
- schwere Auszehrung (Kachexie)
- ausgeprägte Immunschwäche (z.B. AIDS)
- Patienten, deren Immunsystem durch Medikamente abgeschwächt wird (starke Immunsuppression, z.B. Zytostatika oder > 30 mg Cortison/Tag)
- extreme Allergiker, besonders gegen Eiweiße
- Wundheilungsstörungen (z.B. Ulkus cruris bei Diabetikern)
- Quecksilbervergiftungen (Hirudin verstärkt Giftwirkung)
Ist die Blutegel-Behandlung schmerzhaft?
Da der Blutegel von Natur aus von seinem Wirt nicht bemerkt werden möchte, raspelt er sich vorsichtig mit seinen 3 sternförmig ausgerichteten Sägeleisten (mit jeweils ca. 80 winzig kleinen Kalkzähnchen) in die Haut bis zu einem kleinen oberflächlichen Blutgefäß.
Patienten empfinden den Biss bzw. das Saugen entweder als völlig schmerzfrei oder wie "Brennnesselstiche", "Mückenstiche", "ein leichtes Ziehen" oder "Einstich einer kleinen Injektionsnadel".
Nach der Behandlung kommt es gelegentlich zu einem leichten bis stärkeren Juckreiz, der durch die histaminähnlichen Substanzen verursacht wird. Wird der Juckreiz als unangenehm empfunden, helfen Apis C 30, Magerquark- oder Eigenurinumschläge.
Ferner entstehen Rötungen und kleine Schwellungen im Bereich der Saugstelle, die bei Ruhe schnell verschwinden.
Was ist die Blutegeltherapie?
Blutegel vermischen aufgenommenes Blut mit Speichelflüssigkeit. Ihr Speichel enthält eine gerinnungshemmende Substanz mit dem Namen Hirudin. Diese Substanz lässt sich gewinnen und wird in der Medizin dazu verwendet, um eine Blutgerinnung zu verhindern. Deshalb werden Blutegel seit Jahrhunderten dazu benutzt, um bei bestimmten Eingriffen einen Blutstau zu lindern.
Die Blutegeltherapie ist somit eine besondere Form von Aderlass. Ein Blutegel kann immer nur einmal eingesetzt werden, denn mit der aufgenommenen Blutmenge ist er für ein Jahr satt. Deshalb werden sie danach entweder in Äther getötet oder zur Blutegelfarm zurück geschickt, wo sie im „Seniorenteich“ etwa 30 Jahre alt werden können - vorausgesetzt sie erhalten einmal im Jahr Futter. In der Blutegelfarm erhalten sie als Futter mit Tierblut getränkte Lappen, an denen sie sich festsaugen und fressen können.
Für die von Ärzten mit Erfolg eingesetzte Blutegeltherapie werden natürlich keine Blutegel aus irgendwelchen Teichen verwendet, sondern es gibt direkt medizinische Blutegel. Sie werden für den Einsatz am Menschen gezüchtet. Bei einer Sitzung kommen bis zu zehn Blutegel zum Einsatz. Nach 30 bis 90 Minuten fällt er satt und prall gefüllt ab.