Maul- und Klauenseuche - Was ist das?
Die Maul- und Klauenseuche (MKS) ist eine hoch ansteckende Viruserkrankung bei Rindern und Schweinen und ist eine anzeigepflichtige Tierseuche. Auch andere Paarhufer wie Rehe, Ziegen und Schafe, aber auch Elefanten, Ratten und Igel können sich infizieren. Pferde sind nicht für MKS anfällig. Eine Infektion des Menschen tritt gelegentlich auf.
Erreger
Als erstes „animales“ Virus wurde 1897 durch Friedrich Loeffler für den MKS-Erreger eine Virusnatur nachgewiesen. Er entdeckte, dass intravenös verabreichte Lymphe infizierter Tiere auch nach vorheriger Filtration durch bakteriendichte Kieselgurkerzen krankheitsauslösend für gesunde Kälber war.
Der Erreger der MKS ist das Maul-und-Klauenseuche-Virus, ein hoch kontagiöses Einzel-(+)-Strang-RNA-Virus [ss(+)RNA]. Er gehört zum Genus Aphthovirus der Virenfamilie Picornaviridae. Die Mitglieder dieser Familie sind unbehüllte kleine (25-30 nm) Viren mit ikosaederförmigem Kapsid (Proteinhülle), das als genetische virales Material einzelsträngige Ribonukleinsäure (RNA) enthält. Nach Auflösung der Proteinhülle findet die Virusreplikation im Zytoplasma einer infizierten Wirtszelle statt. Die Freisetzung der neuentstandenen Virionen erfolgt nach Auflösung der Zellmembran durch Zelllysis.
Übertragung
Im Gegensatz zu anderen Erregern halten es Forscher beim Maul-und-Klauenseuche-Virus für möglich, dass zumindest theoretisch ein einziges Virion dieses Erregers eine Infektion auslösen kann.
Die durch eine Infektion mit dem Maul-und-Klauenseuche-Virus ausgelöste Maul- und Klauenseuche tritt in der Regel lokal auf und das Virus wird in erster Linie durch Kontakt- wie durch Schmierinfektion bei direktem Kontakt mit infizierten Tieren, mit kontaminierten Pferchen oder Viehtransportfahrzeugen übertragen. Allerdings kann das Virus auch durch die Luft verbreitet werden. Die Kleidung und Haut von Landwirten und anderen mit Tieren umgehenden Menschen, stehendes Wasser, ungekochte Futterabfälle, infizierte Tierprodukte enthaltende Futterzusätze und Tierprodukte wie Käse oder Fleisch können das Virus beherbergen. Kühe können MKS von infizierten Bullen durch Samenübertragung bekommen. Kontrollmaßnahmen schließen Quarantäne, die Vernichtung von infizierten Viehherden und ein Exportverbot für tierische Produkte in Länder ein, die nicht von der Seuche betroffen sind.
Menschen können sich mit der Maul- und Klauenseuche durch Kontakt mit infizierten Tieren anstecken, wenngleich dies sehr selten vorkommt. In der Regel werden nach einer derartigen Infektion beim Menschen entweder keine oder nur geringe Krankheitsanzeichen beobachtet. Da das MKS hervorrufende Virus von der Magensäure zerstört wird, kann die Seuche nicht durch den Konsum von infiziertem Fleisch auf Menschen übertragen werden.
Da Menschen nur sehr selten infiziert werden, die Seuche sich aber unter Tieren äußerst schnell ausbreitet, ist MKS vornehmlich eine gravierende Bedrohung für die Landwirtschaft.
Vorkommen
MKS ist nahezu weltweit verbreitet. Lediglich in Neuseeland wurden bislang keine MKS-Ausbrüche registriert, in Australien war der letzte Ausbruch 1872. Auch die Vereinigten Staaten (letzes Vorkommen 1929), Kanada (1952), Mexiko (1954) und Chile (1988) gelten als MKS-frei. In Europa blieben lediglich die skandinavischen Länder Norwegen (1952), Finnland (1959) und Schweden (1966) von Ausbrüchen in den letzten Jahrzehnten verschont.
Sehr häufig ist dagegen die MKS noch in Afrika, Asien und weiten Teilen Südamerikas, diese Regionen gelten als enzootisch verseucht. In Europa ist die Erkrankung durch staatliche Veterinärüberwachung zwar weitgehend unter Kontrolle, es kommt aber immer wieder zur Einschleppung. Die vielfältigen Übertragungswege und die schnelle Ausbreitungsgeschwindigkeit der MKS führen schnell zu Epizootien, so dass die Seuche für Europa eine ständige Bedrohung darstellt.
Pathogenese
Im Mittelpunkt der Infektion steht eine stark ausgeprägte Virämiephase, mit der die generalisierte Verbreitung des Erregers im Wirt und seine Ansiedlung in den Zielorganen verbunden ist. Das MKS-Virus weist eine hohe Affinität zu Haut und kutanen Schleimhäuten (Epitheliotropismus) auf. Betroffen sind die Schleimhäute von Maulhöhle, Speiseröhre und Pansenpfeilern sowie die unbehaarte Haut von Nasenlöchern, Flotzmaul, Rüssel, Euter und Klauen. Der Erreger befällt darüberhinaus auch Skelett- und Herzmuskulatur (Myotropismus). Selten werden neurotrope Eigenschaften beobachtet.
Rinder infizieren sich hauptsächlich aerogen, während eine Infektion beim Schwein in der Regel auf oralem Wege erfolgt. Die an der Eintrittspforte entstehende „Primäraphthe“ entgeht dabei meist der Beobachtung. Vom primären Vermehrungsort (Schwein: Tonsillen, Rind: Pharynxschleimhaut und Bronchiolen) gelangt das Virus in einer 1. virämischen Phase über Lymphe und Blut ins lymphoretikuläre System (v.a. Leber und Milz). Der Krankheitsverlauf wird vom weiteren Vermehrungserfolg des Virus in den primär affinen Organen bestimmt. Bei starker Vermehrung erfolgt dort eine Kolliquationsnekrose mit sich anschließender generalisierter Virämie, in deren Verlauf der MKS-Erreger Muskulatur, Haut, Schleimhaut und gelegentlich auch das ZNS erreicht. Die Virämie dauert 4 Tage. Nach der Generalisation ist die virale RNS weitverbreitet in verschiedenen Epithelien nachweisbar. Sichtbares Zeichen der Organmanifestation des Virus ist die Ausbildung von „Sekundäraphthen“. Prädisponierende Faktoren wie besondere mechanische Belastung begünstigen ihr Entstehen. Die Aphthenbildung erfolgt im Stratum spinosum der Epidermis: die infizierten Keratozyten werden zerstört und die dadurch entstehenden Hohlräume füllen sich mit klarer Flüssigkeit, die zu einer großen Blase konfluiert. Den Blasenboden bildet das intakte Stratum basale mit dem darunterliegenden, gut durchbluteten Papillarkörper. Nach dem Platzen haben die Aphthen eine Tendenz zu oft flächigen Erosionen. In Herz- und Muskelzellen kommt es je nach myotroper Affinität des Erreger-Stammes zu Zellschädigungen variablen Ausmaßes.
Klinische Symptomatik und Krankheitsverlauf
Rind
Die Inkubationszeit beträgt 2-7 Tage. Den Ausbruch der Seuche kennzeichnet eine bis zu dreitägige Fieberphase (bis 42 Grad), die mit schweren Störungen des Allgemeinbefindens einhergeht. Bei Milchkühen ist ein schlagartiger Rückgang der Milchleistung bis hin zum völligen Versiegen der Milch zu beobachten. Noch in der Fieberphase beginnt eine starke Produktion zähflüssigen Speichels („MKS-Bart“)bei gleichzeitiger Rötung der Maulschleimhaut. Inappetenz, Störungen des Wiederkäuens und das Auftreten von „Speichellachen“ in Tiernähe kennzeichnen das Fortschreiten der Krankheit.
Im weiteren Verlauf bilden sich am Flotzmaul, in der gesamten Maulschleimhaut sowie im Zungenbereich erbsen- bis taubeneigroße flüssigkeitsgefüllte Blasen (Aphthen) aus. Gleichzeitig entwickeln sich weitere Aphthen im Klauenbereich, an der Euterhaut und an den Zitzen. Das Allgemeinbefinden ist hochgradig gestört. Die Tiere zeigen Schmerzäußerungen in Form von geschlossenem Maul, schmatzenden Kieferbewegungen und Lahmheiten. Nach Aufplatzen der Blasen bilden sich – zum Teil großflächige – Erosionen und der Heilprozess setzt ein. Gleichzeitig erkranken ständig weitere Tiere im Bestand. Die Abheilung der Läsionen im Maulbereich dauert bis zu 14 Tage. Die Klauenaphthen heilen innerhalb eines Monats ab. Die Rekonvaleszenphase wird oft von bakteriellen Sekundärinfektionen gestört.
Neben gutartigen Seuchenvarianten mit teilweise milder Symptomatik (Letalität 2–5 %) existiert auch eine bösartige Verlaufsform der Seuche (Letalität bis 80 %). Ursache sind stark virulente Erreger mit ausgeprägtem Myotropismus. Diese Form tritt bevorzugt bei Kälbern auf. Auch bei milden Verläufen stehen in dieser Altersgruppe die Herzmuskelschäden durch Myokarditis im Vordergrund. Betroffene Tiere verenden innerhalb von 24 Stunden mit der Symptomatik einer schweren Allgemeinerkrankung.
Die natürliche Infektion hinterlässt eine belastbare Immunität gegen den jeweiligen Virustyp von bis zu 12 Monaten. Gefürchtete und zu erwartende Folge- und Spätschäden nach überstandener Infektion sind bakterielle Sekundärinfektionen, Mastitiden, Sohlenhorn- und Klauenveränderungen bis hin zum „Ausschuhen“ (komplette Ablösung des Klauenhorns), Muskelschäden, Myokarditis, sowie anhaltende massive Leistungsdepressionen und Konditionsverluste.
Zu den wichtigsten Differentialdiagnosen beim Rind gehören Stomatitis vesicularis, Mucosal Disease, Rinderpest, Bösartiges Katarrhalfieber, Infektiöse Bovine Rhinotracheitis und die Pocken.
Schwein
Die Inkubationszeit beträgt 1-3 Tage (in Einzelfällen bis max. 12). Die anfängliche Fieberphase hält bis zu vier Tage an. Insgesamt verläuft die Seuche weniger dramatisch als beim Rind.
Primär sind die Klauen von der Aphthenbildung betroffen, die sich sichtbar überwiegend am Kronrand und im Zwischenklauenspalt manifestiert. Die Veränderungen an Rüsselscheibe und Maulschleimhaut sind eher unauffällig. Bei der Sau kommt es außerdem zu Gesäugeaphthen.
Das klinische Bestandsbild bei den älteren Tieren wird von (Stützbein-)Lahmheiten unterschiedlichen Schweregrads bis hin zum Festliegen geprägt. Zunächst sind nur einige Tiere betroffen, die Krankheit breitet sich innerhalb weniger Tage im Bestand aus. Bei Saugferkeln und Läufern kommt es aufgrund von Herzmuskelschäden zu plötzlichen Todesfällen. Die Epithelläsionen an Rüssel und Gesäuge heilen innerhalb von 2 Wochen ab, bei Kronsaum- und Sohlendefekten wird der Krankheitsverlauf meist durch eitrige Sekundärinfektionen erschwert.
Die Immunität nach Durchseuchung hält 5-7 Monate an. Spät- und Folgeschäden sind neben Mastitis, Metritis und Aborten ein Ausschuhen der Tiere sowie myokarditisbedingte Leistungseinbußen.
Rein vom klinischen Bild nicht abgrenzbar sind beim Schwein weitere Erkrankungen des Vesikulärkrankheitenkomplexes, die sämtlich mit Bläschenbildung einhergehen: Stomatitis Vesicularis (VS), Vesikuläre Schweinekrankheit (SVD) und Vesikuläres Exanthem (VES). Darüberhinaus kommt differentialdiagnostisch eine Selenvergiftung infrage.
Schaf und Ziege
Die Inkubationszeit der sogenannten „gutartigen Klauenseuche“ beträgt 2-14 Tage. Bei Schafen und Ziegen sind die Krankheitsanzeichen unauffälliger als beim Rind.
Im Vordergrund steht beim Schaf die Bildung von Aphthen am Kronrand und im Zwischenklauenspalt. Veränderungen an Maulschleimhaut und Lippen sind oft uncharakteristisch. Die Durchseuchung der Herde erfolgt langsam und unvollständig (innerhalb von 3-6 Wochen). Oft einziges Anzeichen der Seuche sind schmerzhafte und hochgradige Lahmheiten. Ab dem 3. Tag der Lahmheit werden nach Platzen der Aphthen die geröteten Wundstellen gut sichtbar. Die Mortalität der adulten Tiere ist gering. Bei Lämmern dominiert die bösartige myokarditische Form mit Fieber, Durchfall und Apathie. Die Verluste betragen bis zu 80%; die Tiere verenden ohne Anzeichen von Aphthenbildung. Die Läsionen heilen innerhalb von 2-3 Wochen ab, Sekundärinfektionen verkomplizieren den Verlauf.
Bei der Ziege verläuft die Erkrankung entweder leicht oder aber schwer, verbunden mit Myokardschäden und hoher Letalität. Es kommt zu einer fieberhaften Phase mit Allgemeinstörungen und Milchrückgang. Die Bildung von Aphthen in der Maulschleimhaut ist deutlich, aber durch baldiges Aufplatzen nur von kurzer Dauer. Im Kopfbereich kann es zu Schwellungen mit Aufstellen der Haare (sog. Dickkop) kommen. Oft liegt eine Rhinitis vor. Klauenaphthen werden selten beobachtet.
Spät-und Folgeschäden beim kleinen Wiederkäuer sind Klauenentzündungen, Aborte, Metritis und Mastitis. Die typspezifische Immunität nach Feldvirusinfektion beträgt 1-2 Jahre und länger.
Ähnliche Veränderungen wie die MKS verursachen bei Schaf und Ziege die Moderhinke, Lippengrind (Ecthyma contagiosum), Schaf- und Ziegenpocken.
Mensch
Menschen werden aufgrund ihrer geringen Empfänglichkeit nur selten von der Krankheit betroffen und bei Erkrankungen besteht eine günstige Prognose. Die Infektion erfolgt direkt durch Kontakt mit infizierten Tieren oder infolge einer Laborinfektion. Eine indirekte Übertragung über infizierte Milch ist ebenfalls möglich.
Mit einer Inkubationszeit von 2 bis 6 Tagen verläuft die Krankheit ebenso wie bei Paarhufern als biphasisch-zyklische Infektion. Nach einer kurzen, mäßigen Fieberphase und unspezifischen Allgemeinsymptomen wie Übelkeit, Abgeschlagenheit, Kopf- und Gliederschmerzen können schmerzhafte Aphthen in der geröteten Mundschleimhaut, bevorzugt jedoch an der Haut von Händen (Fingerspitzen) und Füßen auftreten. Die nach Austrocknung der Aphthen entstehenden Hauterosionen heilen im Regelfall innerhalb von 10 Tagen vollständig ab.
Differentialdiagnostisch ist die gemeinhin als Hand-Fuß-Mund-Exanthem bezeichnete, ebenfalls viral bedingte Erkrankung abzugrenzen, die mit sehr ähnlichen Symptomen einhergeht. Sie wird häufiger beim Menschen, insbesondere bei Kleinkindern, beschrieben. Diese Krankheit wird von einem anderen Virus aus der Familie der Picornaviridae, dem Enterovirus Coxsackie A, hervorgerufen.
Pathologisch-anatomische Befunde
Außer den äußerlich sichtbaren Veränderungen finden sich weitere Aphthen verschiedener Abheilungsstadien in Schlund und Speiseröhre. An Pansenpfeilern und Psalterblättern sind oft nur schorfbedeckte Läsionen erkennbar. Bei fehlender Aphthenbildung in den Schleimhäuten treten katarrhalische Schwellungen oder kleinere Blutungen auf. Auch unter dem Epikard können petechiale Blutungen sichtbar sein. In Myokard und Skelettmuskulatur älterer Tiere können keine Läsionen beobachtet werden und das Virus scheint sich an diesen Stellen nur bei jungen Tieren zu vermehren. Die hohe Mortalität bei Jungtieren geht vermutlich auf eine akute Myokarditis zurück, die sich dem bloßen Auge durch venöse Stauung und große Blutgerinnsel, v.a. in der linken Herzkammer, offenbart. Die geschädigte Herzmuskulatur ist weich, schlecht kontrahiert und zeigt grauweiße Streifen und Flecken variabler Größe („Tigerherz“). Besonders betroffen sind linker Ventrikel und Herzscheidewand (Septum). Diese Erkrankungsform geht oft mit dem völligen Fehlen aphthöser Veränderungen an den üblichen Prädilektions-Stellen einher. Bei perakutem Verlauf können sogar sichtbare Veränderungen am Herzmuskel fehlen. Gelegentlich ist die Skelettmuskulatur ebenfalls von streifigen Veränderungen betroffen.
Histologisches Bild
Im Frühstadium können die Läsionen nur mikroskopisch sichtbar gemacht werden. Die ersten histologischen Veränderungen des Stratum spinosums sind gekennzeichnet von vakuolärer Degeneration, ansteigender eosinophiler Anfärbbarkeit des Zell-Zytoplasmas sowie der Bildung von Ödemen im interzellulären Raum. Daran schließen sich Zellnekrosen und eine reaktive Infiltration mit Leukozyten (Monozyten, Granulozyten) an. Aus den mittlerweile sichtbar werdenden Läsionen entwickeln sich durch Trennung des Epithels vom darunterliegenden Gewebe und durch Füllung der entstehenden Höhle mit klarer, vesikulärer Flüssigkeit die sog. Aphthen. In einigen Fällen kann die Flüssigkeitsmenge minimal sein. Das Epithel kann auch nekrotisch werden oder durch mechanische Traumata zerreissen, ohne dass Aphthenbildung stattfindet. Im Herzmuskel entsteht das histologische Bild einer lymphohistiozytären Myokarditis mit hyalin-scholliger Degeneration („Zenkersche Muskel-Degeneration“) und Nekrose der Herzmuskelzellen (Myozyten).
Diagnostik
Bei bestehendem MKS-Verdacht muss der tatsächliche Seuchenausbruch amtlich festgestellt werden. Nach §1 der „Verordnung zum Schutz gegen die Maul-und Klauenseuche“ (MKS-VO) gilt ein Ausbruch der Seuche erst dann als erwiesen, wenn der Erreger-Nachweis in Form von Virus-Antigen oder viraler RNS vorliegt. Dies gilt auch im Falle fehlender klinischer Erscheinungen. Darüberhinaus ist der serologische Nachweis von Antikörpern gegen MKS bzw. eines Titeranstiegs bei nachweislich nicht-geimpften Tieren bindend. Besteht ein epizootiologischer Zusammenhang zu einem primären Seuchenherd (Sekundärausbruch), können die Ergebnisse klinischer oder pathologisch-anatomischer Untersuchungen alleine ausreichend sein.
Vor-Ort-Maßnahmen
Beim Rind ist das klinische Bild in der Regel deutlich ausgeprägt. Die Diagnosestellung bei kleinen Wiederkäuern ist oft durch inapparente sowie milde Verlaufsformen erschwert. Das Vorkommen plötzlicher Lahmheit eines Großteils der Herde mit zeitgleich erhöhter perakuter Mortalität neugeborener und/oder sehr junger Lämmer gibt erste Hinweise auf MKS noch vor dem pathognomonischen Nachweis der Aphthenbildung. In Schweinebeständen muss differentialdiagnostisch an MKS gedacht werden, sobald gehäuft Stützbeinlahmheiten in Verbindung mit Blasen an prädisponierten Bereichen für die Aphthenbildung auftreten.
Die gründliche Bestandsuntersuchung unter geeigneten Bedingungen (gute Beleuchtung, mechanische Reinigung verschmutzter Prädilektionsstellen) im Verdachtsfall, eine genaue Kenntnis des klinischen Bildes sowie eine ausreichend für das Seuchengeschehen sensibilisierte Tierärzteschaft sind Voraussetzung für ein schnelles Erkennen der Erkrankung.
Die MKS ist eine anzeigepflichtige Tierseuche. Im Verdachtsfall muss durch den Tierbesitzer, das Pflegepersonal oder den praktischen Tierarzt unverzüglich der Amtstierarzt hinzugezogen werden. Dieser untersucht den Bestand, zieht bei Bedarf Proben zur weiteren labordiagnostischen Abklärung und trifft zusätzliche erste tierseuchenrechtliche Anordnungen gemäß MKS-VO (siehe unter Maßnahmen).
Die entnommenen Proben müssen ohne Zeitverlust und auf dem schnellsten Wege (per Kurier oder Hubschrauber) an das nationale MKS-Referenzlabor weitergeleitet werden. Verdachtsproben sind der Untersuchungseinrichtung zuvor anzukündigen, damit die sofortige Weiterbearbeitung sichergestellt werden kann.
Zum Nachweis von infektiösem Virus, Antigen oder Nukleinsäure sind Lymphe sowie Deckenmaterial von frischen Aphthen am besten geeignet. Bei Fehlen von Aphthen können alternativ Tupfer vom Übergang zum gesunden Gewebe entnommen werden. Darüberhinaus sind Nasentupfer sowie bei getöteten Tieren Organproben (z. B. veränderte Bereiche von Pansenpfeilern, Herz und Euter) als Probenmaterial verwendbar. Die Proben werden mit PBS-Puffer sowie Glycerin versetzt und bei neutralem pH-Wert gekühlt versendet. Ist seit der Ansteckung mehr als eine Woche vergangen, ersetzt der Virusnachweis aus Rachenschleimproben (sog.„Probang“-Proben) die Tupferentnahme aus der Nase. Die Versendung dieser Proben muss tiefgekühlt erfolgen. Blutproben enthalten nicht nur Virus-Antikörper (ab 5. Tag nach der Infektion), sondern dienen auch dem Virusnachweis in der virämischen Phase. Vor allem bei kleinen Wiederkäuern ist die zusätzliche Einsendung von Serumproben Pflicht.
Labordiagnostische Verfahren
Zugelassene Nachweisverfahren in der MKS-Diagnostik sowie Referenz-Laborprotokolle für die Testdurchführung sind dem „Manual of Diagnostic Tests and Vaccines for Terrestrial Animals“; Kapitel 2.1.1.(Maul- und Klauenseuche) der OIE zu entnehmen. Auf nationaler Ebene sind in Deutschland Hinweise zur Diagnostik der MKS im „Bundesmaßnahmenkatalog Tierseuchen“, Teil III.2, niedergelegt.
Die MKS-Diagnostik darf aufgrund der hohen Erreger-Kontagiosität nur von Hochsicherheitslaboren der Sicherheitsstufe 4 vorgenommen werden. Das deutsche MKS-Referenzlabor ist Bestandteil des Friedrich-Loeffler-Instituts am Standort Insel Riems. Das internationale Referenzlabor befindet sich am Institute of Animal Health in Pirbright, England.
Dringlichste Aufgabe der Labordiagnostik ist die Feststellung eines Primärausbruchs, um möglichst schnell die Keulung infizierter Bestände und Errichtung von Sperrmaßnahmen einleiten zu können. Nach Bestätigung des Verdachts erfolgt eine Charakterisierung des Virus, um eine eventuelle Impfstoffempfehlung aussprechen zu können. Darüberhinaus werden epidemiologische Studien auf molekulargenetischer Basis durchgeführt, um die geographische Herkunft des Erregers zu ermitteln („tracing back“). Die labordiagnostischen Methoden gliedern sich in Erregernachweis und Antikörpernachweis.
Erregernachweis
Schon der Nachweis viralen Antigens oder viraler Nukleinsäure des MKS-Erregers ist ausreichend für ein positives Untersuchungsergebnis.
Die bevorzugte Methode zum Virusantigen-Nachweis mit gleichzeitiger Bestimmung des Serotyps ist der Enzyme-linked Immunosorbent Assay (ELISA). Er hat aufgrund 10-100fach höherer Empfindlichkeit (bessere Sensitivität und Spezifität) und geringer Störanfälligkeit die klassische Komplementbindungsreaktion (KBR) als schnelle Nachweis-Methode (Mikrotiter-Test-Platte gebundene Kaninchen-Antikörper halten dabei das zu detektierende Virusantigen fest. Nach einem darauffolgenden Inkubationsschritt mit Meerschweinchen-Antikörpern wird die Antigen-Antikörper-Reaktion durch Hinzufügen eines Peroxidase-Konjugats und eines speziellen Substrats optisch sichtbar gemacht. Die 8 Reihen der Mikrotiter-Platte enthalten jeweils Antiseren gegen die unterschiedlichen 7 bekannten MKS-Serotypen. Somit erlaubt der ELISA eine vorläufige Typendiagnose, die jedoch zur Sicherheit einer weiteren Bestätigung mit monoklonalen Antikörpern bedarf. In der freien 8. Reihe kann parallel differentialdiagnostisch auf weitere virale Erreger (z. B. Vesikuläre Schweinekrankheit) untersucht werden. Fragliche Ergebnisse können nach Zellkulturpassage des Probenmaterials nochmals im ELISA-Wiederholungsansatz überprüft werden.
Nur 80 % aller Proben, die in der Zellkultur positiv sind, zeigen bereits im ELISA eine Reaktion. Aufgrund der gravierenden Konsequenzen bei bestätigtem Verdacht wird in Deutschland die Virusisolierung mittels Zellkultur stets parallel zum ELISA eingesetzt. Infektiöses Probenmaterial aus klinischen Verdachtsfällen wird hier in empfängliche Zellkulturen (z. B. Kälber-Schilddrüsen-Zellen, Hamster-Nieren-Zellen) oder in 2–7 Tage alte Babymäuse inokuliert, um potentielles infektiöses Virus zu vermehren. Bis zum Auftreten eines zytopathogenen Effekts bzw. dem Tod des Versuchstieres vergehen mindestens 1–3 Tage. Einer anschließenden Virus-Vermehrungsphase folgt die Identifizierung und Charakterisierung mittels ELISA oder Reverse-Transkriptase-Polymerasekettenreaktion (RT-PCR).
Um eine zweite Labormethode mit einer der Zellkultur vergleichbaren Empfindlichkeit zur Verfügung zu haben, wurden Tests zum Nachweis viraler Nukleinsäure etabliert. Die RT-PCR kann verwendet werden, um Genomfragmente des MKS-Virus aus verschiedensten diagnostischen Materialien zu detektieren. In Kombination mit der real time quantitative PCR kann dabei eine Sensitivität erreicht werden, die mit der Virusisolation vergleichbar ist. Automatisierbare Prozess-Schritte ermöglichen hier einen höheren Probendurchsatz. Die klassischen PCRs dienten dem typenunabhängigen MKS-Nachweis, indem ein für alle Serotypen weitgehend konservierter Genombereich für die Amplifikation ausgewählt wurde. Der Einsatz spezifischer Primer erlaubt jedoch darüberhinaus eine sichere Unterscheidung der 7 Serotypen. In Gewebeproben ist der Nachweis viraler RNA auch mittels In-situ-Hybridisierung möglich. Diese Technik wird nur von wenigen, spezialisierten Laboren angewendet, obwohl vereinfachte Testsysteme für den „Feld-Gebrauch“ bereits in der Entwicklungsphase sind.
Das Virusgenom wird auch für die molekulare Epidemiologie-Forschung genutzt. Grundlage ist der Vergleich genetischer Unterschiede einzelner Virusvarianten. Basierend auf den Sequenzierungsdaten des 1D-Gens (codiert für das virale Hüll-Protein VP1), wurden mittlerweile Stammbäume erstellt, die die genetische Verwandtschaft zwischen Impf- und Feldvirus-Stämmen aller 7 Serotypen zeigen. Viele Labore haben hier eigene Methoden entwickelt. Die Vervielfältigung der viralen RNA mittels RT-PCR, gefolgt von der Entschlüsselung der Nukleotid-Folge (Sequenzierung) ist in der Regel die Methode der Wahl zur Erstellung dieser Daten. Die Datenbanken der Referenzlabore enthalten mittlerweile mehr als 3000 Teilsequenzen.
Antikörpernachweis
Serologische Tests für MKS dienen überwiegend der Abklärung folgender Fragen: a) Zertifizierung für den Export bestimmter Tiere als frei von MKS-Infektion und Impfung; b). Bestätigung von Seuchenverdachtsfällen; c). Beweis für das Fehlen einer Infektion und d). Bestätigung der Wirksamkeit einer Impfung. Serologische Nachweisverfahren für MKS-Antikörper (Ak) gliedern sich in solche, die Immunglobuline gegen Strukturproteine (SP) erfassen und die, die gegen Nicht-Strukturproteine (NSP ) gerichtete Antikörper detektieren.
Nachweis von Strukturprotein-Antikörpern
Der Virusneutralisationstest sowie verschiedene Arten von Antikörper-ELISAs („solid-phase competition ELISA“ (SPCE); „liquid-phase blocking ELISA“ (LPBE) ) zum Nachweis von Strukturproteinen werden als serotyp-spezifische serologische Tests angewandt. Im internationalen Tierhandel sind sie vorgeschrieben. Sie erkennen Antikörper, die sowohl als Reaktion auf eine Impfung als auch durch natürliche MKS-Infektion gebildet werden. Folglich sind sie geeignet, kürzlich stattgefundene Infektionen in Nicht-Impflingen zu detektieren oder den Immunstatus einer Population bei Impfprogrammen zu überwachen.
Als hoch-sensitive Verfahren setzen sie eine starke Ähnlichkeit des zirkulierenden Feldstammes mit dem im Test verwendeten MKS-Virusantigen voraus. Unter Verwendung von poly-oder monoklonalen AK sind die ELISA-Tests vielseitig einsetzbar, schnell in der Durchführung und können auch mit inaktivierten Antigenen angesetzt werden. Falsch positive Reaktionen im ELISA sind bei einem kleinen Prozentsatz von Proben im niedrigen Titerbereich zu erwarten. Der Virusneutralisationstest ist abhängig vom Einsatz von Zellkulturen und deshalb weniger vielseitig. Er dauert außerdem länger (4 Tage) und ist anfälliger für Kontaminationen. Ein kombinierter Einsatz des ELISA als Screening-Methode mit anschließender Überprüfung von Reagenten im VNT reduziert die Wahrscheinlichkeit falsch positiver Ergebnisse auf ein Minimum.
Nachweis von Nicht-Strukturprotein-Antikörpern
Tests auf Antikörper gegen Nicht-Strukturproteine sind nützlich für den Nachweis einer kürzlichen oder noch andauernden Virusreplikation im Wirt, ungeachtet seines Impfstatus. Nicht-Strukturproteine sind im Gegensatz zu Strukturproteinen innerhalb der Spezies MKS-Virus hochkonserviert. Der Nachweis dieser Antikörper ist folglich nicht serotyp-spezifisch, was als Nachweisverfahren auf internationaler Ebene von Vorteil ist.
Traditioneller Test zur Detektion von MKS-NSP war der Immundiffusionstest. Er diente dem Nachweis von „virus infection associated antigen“ (VIAA) mit der Hauptkomponente Protein 3D. Letztere kann jedoch auch von Impflingen gebildet werden.
Moderne Verfahren verwenden die gentechnisch hergestellten Proteine 3ABC und 3AB. Antikörper gegen diese Polyproteine werden generell als verlässliche Indikatoren für eine MKS-Infektion gesehen, da sie experimentell eine hohe Immunogenität aufweisen. Antikörper gegen exprimierte rekombinante Virus-NSP (e.g. 3A, 3B, 2B, 2C, 3ABC) können durch verschiedene ELISA-Varianten oder durch Immunoblotting nachgewiesen werden. Drei indirekte ELISA-Verfahren sind für MKS zugelassen (Südamerika, Dänemark, Brescia). Diese ELISAs verwenden entweder gereinigte Antigene, die direkt an die Test-Platte gebunden sind oder nutzen polyklonale/monoklonale Antikörper, um spezifische Antigene aus halbaufgereingten Präparationen zu „fangen“.
Der Enzyme-linked Imunoelectrotransfer Blot Assay (EITB) wurde 1993 erstmals publiziert. Er findet breite Anwendung in Südamerika, wo er auch als Bestätigungstest für im ELISA-Screening auffällige Reagenten gilt.
Die Verfahren weisen eine Spezifität von 99 % auf. Ein Mangel an Reinheit der Impfstoffe kann die diagnostische Spezifität jedoch negativ beeinflussen. Die Anwesenheit von NSP in einigen Vakzine-Zubereitungen kann zu einer fehlerhaften Zuordnung solcher Tiere führen, die bereits wiederholt geimpft wurden.
Die Test-Sensitivität gilt als nicht zufriedenstellend bei experimentell vakzinierten Rinder, die einer Feldvirus-Infektion ausgesetzt wurden und danach Viruspersistenz aufwiesen (geimpfte „Carrier“). Sie weisen nur eine lokale Immunantwort, nicht jedoch Immunglobuline G gegen NSP auf. Ein Aufspüren von Carrier-Tieren scheint jedoch über Ig A aus dem Speichel möglich. Diese Antikörper werden offensichtlich nur von tatsächlich infizierten Tieren über einen längeren Zeitraum gebildet.
Bekämpfungsmaßnahmen
Bis 31. Dezember 1991 wurden in der EU zur Verhinderung einer MKS-Epidemie Pflichtimpfungen der Rinderbestände durchgeführt. Impfungen führen zu ernsthaften Handelshindernissen: Geimpfte haben wie infizierte Tiere Antikörper im Blut und können so nur bei besonders markierten Impfstoffen voneinander abgegrenzt werden. Zudem besteht die Gefahr der Erregerausbreitung über geimpfte Tiere. Daher wurden Impfungen durch die EU unterbunden. Auch Therapiemaßnahmen sind grundsätzlich nicht erlaubt.
Bei einem MKS-Verdacht wird der betroffene Betrieb gesperrt, Schafe werden meist vorsorglich gekeult und Proben auf MKS untersucht. Weiterhin werden ein Sperrbezirk von mindestens 3 km Umkreis eingerichtet, alle Tierbestände auf MKS untersucht und Tiertransporte verboten.
Bestätigt sich der Verdacht, wird der Bestand gekeult und unschädlich beseitigt, ebenso wie die Nachbarbestände in einem Umkreis von einem Kilometer. Im drei Kilometer großen Sperrbezirk dürfen 15 Tage lang keine Tiere oder Sperma transportiert werden, die Straßen werden gesperrt. Nach diesen 15 Tagen sind Transporte von Tieren nur mit Genehmigung erlaubt (die Tiere dürfen nur zur Schlachtung transportiert werden). Milch darf nur zur gesonderten Verarbeitung verwendet werden. In einem Radius von 10 km um den Seuchenausbruch wird ein Beobachtungsgebiet eingerichtet. Dort dürfen Tiere mit Genehmigung innerhalb des Gebietes transportiert werden. Falls innerhalb von 30 Tagen nach dem Seuchenfall keine weiteren Erkrankungen aufgetreten sind, wird eine Ratten- und Mäusebekämpfung und eine Reinigung und Desinfektion durchgeführt.
Da das Virus sehr widerstandsfähig ist, kann es noch monatelang im Boden, Stall, Abfällen und Stroh überdauern. Bei Befall muss deshalb eine umfangreiche Desinfektion mit Ameisensäure oder durch Hitze (mindestens 60 °C) erfolgen.
Oftmals werden bereits Maßnahmen, wie ein Verbot von Tiertransporten, ergriffen, wenn eine MKS-Epidemie im benachbarten Ausland auftritt. Wegen der hohen Widerstandsfähigkeit werden bei größeren Epidemien sogar die Räder von Autos beim Grenzübertritt desinfiziert.
Epizootien
Europa war häufig von MKS-Epizootien oder gar Panzootien betroffen. Besonders schwere Seuchenzüge gab es 1910–1912, 1919–1921, 1937–1939 und 1950–1952.
In Großbritannien brach im Februar 2001 eine Epizootie aus. Im Verlauf dieses Seuchenausbruchs, der vereinzelt auch auf das europäische Festland übergriff, kam es zur Keulung von mehr als vier Millionen Tieren. Erst am 14. Januar 2002, nach drei Monaten ohne Meldungen über neue Fälle, wurde die Insel wieder als frei von der Seuche erklärt.
Es kommt immer wieder zu vereinzelten Ausbrüchen im übrigen Europa, in Afrika, Asien und Südamerika wie zuletzt am 3. August 2007 in Surrey (Großbritannien).
Quelle: Wikipedia