Schamanismus & Schamanentum
Schamanismus taucht häufig im Zusammenhang mit Naturreligionen auf, wenngleich der Schamanismus keine Religion darstellt, sondern vielmehr eine Lebensweise und eine auf eigener Erfahrung beruhende Weltanschauung, die den Alltag durchtränkt. Der Ethnologe Mihály Hoppál definierte:
„Der Schamanismus ist ein kognitives Universum, das höchstens von außen betrachtet wie eine Glaubensvorstellung wirkt, von innen gesehen aber eine tiefe Überzeugung darstellt, denn sie (die Stammesmitglieder) wissen, und sie haben die (heilende) Kraft des Schamanen oft erfahren“.
Diese tiefen Überzeugungen lassen sich u. a. in dem Satz „Alles ist mit allem verbunden“ zusammenfassen und beinhalten auch die Existenz der Anderswelt, die neben unserer Welt besteht, sowie den darin existierenden Wesenheiten wie z.B. Krafttiere. Diese Anderswelt wird im Schamanismus häufig mit dem Bildnis des Weltenbaumes dargestellt.
- Die Baumkrone ist hierbei die "obere Welt",
- die Wurzeln bilden die "untere Welt" und
- der Stamm die "mittlere Welt", welche als eine Parallelwelt zu unserer bekannten Welt verstanden wird.
Hintergrund / Kontext
Die Herkunft des Begriffs „Schamane“ wurde von Sprachwissenschaftlern umfangreich debattiert und ergibt nur eine eindeutige Übereinstimmung. Es handelt sich demnach ursprünglich um ein tungusisches Wort (schaman) das in die heutige russische Sprache Eingang gefunden hat. Es bedeutet etwa „außer sich sein“ oder auch „verzückt sein“. Daneben debattiert man weiterhin über eine Abstammung aus dem Sanskrit (von sramana = der religiöse Praktiker der Askese).
Der Schamane fungierte seit jeher als Mittler zwischen den Welten und war als solcher dazu in der Lage seinen Bewusstseinszustand mithilfe monotoner Rhythmen (Trommel, Rassel) oder Trance-Tanz so zu ändern, dass er mit einem Teil seiner Seele in diese Anderswelt reisen konnte, während ein Restbewusstsein im Körper verblieb. In diesem Sinne ist er, wie Mircea Eliade schreibt, „ein Meister der Ekstase“ (Ekstase = aus sich heraustreten). Alle Völker, denen der Schamanismus bekannt ist, kennen Rituale, die in ein erweitertes Bewusstsein führen, um den Zugang zur Anderswelt sowie eine Interaktion mit dieser zu erleichtern. Das einfache Prinzip besagt: Was in der Anderswelt an Veränderungen geschieht, wirkt sich auf diese Welt aus. Der Schamane glaubt tatsächlich nur an das, was für ihn erfahrbar ist.
„Schamanisches Reisen“ ist sowohl eine Technik, als auch ein Begriff für die Veränderung des Bewusstseins. Im Unterschied zu geführten Meditationen verselbstständigen sich hier jedoch die Bilder und Handlungen. Der Schamanisch Reisende ist aktiv und (re-)agiert, wenn er sich in der Anderswelt befindet.
Techniken
Georg O. Gschwandler bringt die Arbeit der Schamanen auf eine einfache Formel: „Was fehlt, muss zurückgebracht, was zu viel ist, muss entfernt werden.“
Hierbei wendet der Schamane, von der Basis der Schamanischen Reise ausgehend, die Techniken Extraktion, Divination, Clearing, Seelenteilrückholung und Krafttierverbindung an. Ergänzend werden Rituale, Zeremonien, Medizinwanderungen, Initiationen und Visionssuchen angewandt.
Ursprüngliche Aufgaben
Schamanen waren seit jeher nicht „nur“ Heiler, sondern
- Seelsorger
- Psychologe
- Berater
- Mediziner
- Pflanzenkundiger
- Therapeut
- Krieger
- Priester
- Orakel
- Künstler
- Sänger
- Geschichtenerzähler und
- Schauspieler
... zugleich für ihren Stamm. Heute liegt der Fokus meist allein auf dem Gebiet des Heilens.
Unterschied im Schamanismus: Schamane oder schamanischer Praktiker?
Schamanen wachsen direkt in einer schamanischen Kultur auf und werden von der Gemeinschaft zum Schamanen ernannt. Schamanische Praktiker nennt man jene Menschen in unserer westlichen Kultur, welche von den Schamanen der Naturvölker lernen.
Das Erlernen schamanischer Praktiken bzw. von Schamanismus steht grundsätzlich jedem Menschen offen, denn wir alle tragen das Potenzial in uns, so wie z. B. jeder Mensch ein Musikinstrument lernen kann. Wichtig ist hierbei, dass man kontinuierlich an seinen eigenen Schatten-Themen arbeitet und dies am besten im Zuge einer fundierten Ausbildung. Die eigene Wachstumsarbeit erleichtert das Trennen der beiden Energiekörper und der jeweils entstehenden "Mischbilder" erheblich und trägt zu einem klareren Sehen bei.