Zahnarztangst: angstfreie Behandlung von Angstpatienten
Innere Unruhe, Schlaflosigkeit, schnellerer Herzschlag, Aufregung wer kennt das nicht: Ein Termin beim Zahnarzt steht an - wir haben Angst. Doch warum ist das so?
Sicher ist erst mal: Mit Ihrer Zahnarztangst sind Sie nicht allein. Die Dentalphobie ist als eigene Diagnose der Weltgesundheitsorganisation (WHO) anerkannt. Statistiken besagen, dass ca. 19 % generell bei jedem Zahnarzbesuch Angst haben (Quelle: statista.com). Weitere Schätzungen gehen davon aus, dass in Deutschland etwa 10 Millionen Menschen von Zahnarztangst betroffen sind.
Dabei ist eine gewisse Angst vor dem Zahnarzt, bzw. vor der Zahnbehandlung an sich, zunächst einmal ganz normal. Warum soll man gern den Mund öffnen, um einen fremden Menschen, sei es auch ein Arzt, mit spitzen Zangen und oder surrenden Bohrern darin arbeiten zu lassen, wenn man nicht weiß, ob es weh tut oder nicht. Jeder Mensch fühlt sich bei dieser Vorstellung unbehaglich, ausgeliefert und hilflos.
Häufig vermeiden Angstpatienten den Zahnarztbesuch sehr lange, so dass sich Karies oder Paradontitis entwickeln kann. In einigen Fällen warten sie sogar so lange, bis einzelne Zähne ganz zerstört sind. Meist ist den Betroffenen das dann peinlich, und haben einen weiteren Grund nicht zum Zahnarzt zu gehen.
Schon der bloße Gedanke an eine Zahnbehandlung, das Piksen einer Nadel, das Surren eines Bohrers oder an den typischen "Duft" des Behandlungszimmers genügen schon, um Angst auszulösen.
Körperliche Symptome einer Dentalphobie
- Herzrasen oder schnelleres Herztklopfen
- Mundtrockenheit
- Schweißausbrüche und Zittern
- Atemnot
- Beklemmungsgefühl in Hals und Bauch
- Kribbeln der Haut an Lippen, Fingern und Armen
- Hitzewallungen und/oder Kältegefühl
- Übelkeit, Bauchschmerzen und Würgereiz
Psychische Symptome einer Dentalphobie
- Gefühl von Schwäche
- Gefühl von Schwindel
- Gefühl von Ohnmacht
- gesellschaftliche und soziale Isolation
- Angst mit Anderen zu Essen
- Angst vor Kontrollverlust
- Vermeidung intimer Kontakte
- Depressionen
- Missbrauch von Schmerzmitteln und/oder Alkohol
Das können Sie tun
Den ersten und vielleicht wichtigsten Schritt in Richtung Zahnbehandlung können Sie selbst tun:
Reden Sie darüber!
"Outen" Sie sich. Ihre Angst, sich einem anderen Menschen mitzuteilen, kann sehr hilfreich sein. Getreu dem Motto: "geteiltes Leid ist halbes Leid" bekommen Sie vielleicht so das Gefühl, dass es deshalb schon ein wenig leichter wird. Wenden Sie sich an Ihre:n Partner:in, eine:n Freund:in, Bekannte:n oder Verwandte:n.
Mitunter ist auch ein Besuch beim Hausarzt oder Psychologen oder Heilpraktiker für Psychotherapie der richtige Augenblick, um über Ihre Sorgen und Ängste zu sprechen. Diese unterliegen der Schweigepflicht und werden Sie garantiert nicht zahnmedizinisch behandeln.
Das können Zahnärzte für Sie tun
Für Menschen mit Zahnarztangst gibt es bereits spezielle Angebote. Manche Zahnarztpraxen haben sich auf die Arbeit mit Angstpatienten spezialisiert. Die Betreuung des Zahnarztes geht dann über die normale Behandlung hinaus. Gesprächen im Vorfeld der Behandlung und eine spezieller Betreuung während der Behandlung soll der Zahnarztangst, bzw. Dentalphobie, entgegengewirken. Sollten Sie Angst vor dem Zahnarzt haben, sprechen Sie das Problem offen an. So kann Ihr Zahnarzt auch entsprechend reagieren.
Bei leichter Zahnarztangst
Eine leichte Zahnarztangst kann man durch entspannende Musik, eine besonders starke lokale Betäubung oder auch durch eine humorvolle Ablenkung durch den Zahnarzt. Angst lindernd wirkt in vielen Fällen auch schon ein einfühlsames und erklärendes Gespräch. Jedoch bei einer richtigen Angsterkrankung reicht dies nicht aus.
Bei einer schweren Zahnarztangst
Im Falle einer starken Dentalphobie hat ein Zahnarzt verschiedene Behandlungsmethoden. Mit ihm können Sie zusammen das weitere Vorgehen besprechen und einen Plan entwickeln. Das ermöglicht es Ihnen, Ihre Ängste in den Griff zu bekommen und Ihre Zähne weitgehend angstfrei behandeln zu lassen.
Was ist eine Sedierung?
Das Wort "sedare" kommt aus dem Lateinischen und bedeutet "beruhigen". Der Begriff Sedierung bezeichnet somit in der Medizin die Dämpfung von Funktionen des zentralen Nervensystems durch ein Beruhigungsmittel. Zu Beginn einer Sedierung wird zunächst der Blutdruck gemessen. Anschließend atmet der Patient durch eine kleine Nasenmaske ein Gemisch aus Sauerstoff und Lachgas ein. Der Zahnarzt stellt den Lachgasanteil individuell auf den Patienten ein. Verspürt dieser ein angenehmes Gefühl, wird mit der Behandlung begonnen. In seltenen Fällen kann es zu einem Unwohlgefühl mit Schwindel kommen, dieser Zustand lässt sich mit Einatmen von reinem Sauerstoff schnell korrigieren.
Lachgas-Sedierung
Lachgas ist ein unsichtbares Gas, das geruchlos ist und leicht süßlich schmeckt. Es ist ein sehr stabiles Molekül, das vom Körper sehr schnell aufgenommen werden kann, aber nicht verstoffwechselt (vom Körper verarbeitet) wird. Aus diesem Grund bleibt kein Lachgas nach der Behandlung im Körper.
Das Lachgas bewirkt eine Entspannung und Entkopplung von der Realität. Man fühlt sich "leicht" und hat ein Gefühl der Gleichgültigkeit. Die Angst des Patienten wird spürbar unterdrückt. Einige Patienten verspüren auch ein angenehmes Kribbeln in den Fingern und Füßen. Neben der Angst nehmen auch Würgereiz und Schmerzempfinden ab. Außerdem verzerrt sich die Zeitwahrnehmung, so dass Behandlungen kürzer wahrgenommen werden. Durch die niedrige Konzentration von max. 35 % treten keine Nebenwirkungen auf, der Patient ist zu jedem Zeitpunkt bei vollem Bewusstsein.
Lachgas wirkt schon nach 4-5 Minuten und nachdem die Lachgaszufuhr beendet wurde, vergeht die Wirkung nach 5 - 10 Minuten. Es sind keine Allergien bekannt. Die Lachgassedierung hat keinerlei körperliche Einschränkungen nach der Behandlung zur Folge, der Patient kann selbständig die Praxis verlassen und am normalen Alltag teilnehmen.
Lokale Narkose / Lokalanästhesie
Die lokale Narkose, oder Lokalanästhesie (örtliche Betäubung), wird dem Patienten zumeist von einem Zahnarzt verabreicht. Dazu spritzt der Arzt ein betäubendes Mittel an den Ort, wo der Eingriff durchgeführt werden soll. Dementsprechend spürt der Kunde die eigentliche Behandlung nicht. Da der Zahnarztpatient während der Arbeit des Arztes bei vollem Bewusstsein ist, nimmt er sowohl die Geräusche der Werkzeuge sowie eventuelle Gerüche wahr. Diese Methode reicht daher oftmals nicht aus, um die Zahnarztangst in den Griff zu bekommen.
Vollnarkose / Allgemeinanästhesie
Vollnarkose (auch Allgemeinanästhesie oder kurz Narkose genannt) bezeichnet einen durch Medikamente künstlich eingeleiteten Tiefschlaf. Dabei werden vorübergehend Bewusstsein, Schmerzempfinden und andere Körperfunktionen ausgeschaltet.
Eine Behandlung unter Vollnarkose bietet dem Zahnarzt ideale Arbeitsbedingungen. Dadurch kann der Eingriff schnell und effizient erfolgen, selbst bei umfangreichen Arbeiten wie eine Zahnsanierung. Patienten profitieren von der zeitsparenden Behandlung und erleben den Besuch in der Zahnarztpraxis angst- und schmerzfrei.
Bei der Verabreichung einer Vollnarkose darf der Dentist selbst nicht tätig werden. Stattdessen muss der Schlaf von einem Anästhesisten eingeleitet und überwacht werden. Der Anästhesist verabreicht das Narkosemittel und kontrolliert die Körperfunktionen während der gesamten Schlafphase. Sowohl die Tiefe der Narkose als auch der Grad der Muskelentspannung werden über spezielle Geräte gemessen, die der Facharzt jederzeit im Blick hat, um gegebenenfalls einzugreifen. Anhand des Sauerstoffgehaltes, der über einen Klammersensor am Finger gemessen wird, weiß der Anästhesist, ob er die Narkosemischung eventuell anpassen muss. Des Weiteren injiziert er auch schon während der Behandlung unterschiedliche Medikamente über den Venenzugang.
Während der Vollnarkose stehen Zahnarzt und Anästhesist in regelmäßigem Kontakt miteinander. Jeder einzelne Schritt der Operation wird miteinander besprochen, um letztendlich das gewünschte Ergebnis zu erreichen. Sobald der Zahnarzt seine Arbeit beendet hat, begleitet der Narkosearzt den Patienten noch durch die postoperative Phase in einem Aufwachraum. Er kontrolliert dabei permanent sämtliche Vitalfunktionen und begleitet ihn durch Zuführung von speziellen Arzneimitteln beim Aufwachen. Hat sich der Operierte von dem Eingriff körperlich erholt, kann er die Zahnarztpraxis wieder verlassen.
Hypnose
Das Wort Hypnose lässt sich auf Hypnos (der griechischen Mythologie zufolge der Gott des Schlafes) zurückführen.
Hypnose durch den Zahnarzt eignet sich ebenfalls zur Behandlung einer Zahnarztphobie. Ein Zahnarzt, der in Hypnosetechniken geschult ist, versetzt den Patienten in einen Trancezustand. Die Voraussetzung ist allerdings die Bereitschaft des Patienten, sich voll und ganz auf die Hypnose einzulassen ud dem Arzt zu vertrauen. Er lernt, sich in seiner Vorstellung auf angenehme Bilder zu konzentrieren. Eine Hypnosebehandlung führt zu einer signifikanten Verringerung der individuellen Angstzustände während der Behandlung. Diesen Effekten liegen neurologische Veränderungen zugrunde, die während der Hypnose entstehen.
Bei Zahnbehandlungen wird innerhalb der Intimdistanz gearbeitet. Man muss jemanden so nahe an seinen Mund heranlassen, sich ihm öffnen, wie das normalerweise nur gegenüber geliebten Menschen geschieht. Der positive Trancezustand, der durch die Hypnose ausgelöst wird, wird dabei auf die Zahnbehandlung übertragen. Weite Strecken der Behandlung bekommt der Patient wenig oder gar nicht mit, je nachdem wie gut er oder sie auf Hypnose anspricht. Durch den entspannten Zustand kann schnell und präzise gearbeitet werden. Die Behandlung läuft besser, da der Zahnarzt sich auf seine Arbeit konzentrieren kann. So ist eine Zahnbehandlung unter Hypnose eine Win-Win-Situation. Der Zahnarzt kann sorgfältig und schnell arbeiten, bekommt keine Angst- und Schmerzsignale, fühlt sich dadurch in seinem Tun wertgeschätzt. Der Patient erlebt die früher oft als Angst- und Schmerzerlebnis empfundene Behandlung als liebevoll, schonend und gleichzeitig distanziert.
Vor der ersten Hypnosesitzung sollte ein ausführliches Beratungsgespräch stattfinden, um Sinn, Ablauf und Ziel der Hypnose zu klären und eine Vertrauensbasis zu schaffen. Dabei sind typische Befürchtungen der Patienten, wie Erinnerungsverlust nach und Willenlosigkeit während der Hypnose, auszuräumen. Der Patient entspannt sich, verliert aber nicht die Kontrolle und befindet sich in einem Zustand gesteigerter Aufmerksamkeit. Während der sogenannten Lehr- oder Trainingshypnose hat der Patient die Gelegenheit, erste Erfahrungen mit der Hypnose zu machen, ohne bereits mit der zahnärztlichen Behandlung konfrontiert zu sein. Der Zahnarzt wiederum kann die Eignung des Patienten prüfen. Tatsächlich sind 90 Prozent der Patienten hypnotisierbar.
Nach erfolgreichem Abschluss der Hypnose beginnt beim nächsten Termin schließlich der eigentliche zahnmedizinische Eingriff. Begleitet von Entspannungsmusik und der ruhigen Stimme des "Hypnotiseurs" geht der Patient langsam in einen Trancezustand über. Durch schöne Bilder und Suggestionen einer angenehmen Schläfrigkeit verlangsamen sich Atmung und Puls. Nach der Einleitungsphase beginnt die zahnärztliche Behandlung, die der Patient wie aus der Ferne wahrnimmt. Die feste Verankerung im sogenannten Entspannungsort, in den der Hypnozahnarzt seinen Patienten geführt hat, mindert oder eliminiert die Schmerzwahrnehmung. Der Zahnarzt beendet die Hypnose schließlich durch Rücknahme der Suggestionen und eine deutliche Erinnerungen an den Wachzustand. Auch nach der Hypnose fühlt sich der Patient entspannt und behält die Behandlung in guter Erinnerung.
Die Hypnose ist allerdings nicht bei jedem Patienten erfolgreich. Gegen eine hypnotische Behandlung sprechen unter anderem psychische Erkrankungen sowie eine mangelnde Konzentrationsfähigkeit oder Vorstellungskraft des Patienten.
Bisher machen nur wenige Zahnärzte von den Möglichkeiten der Hypnose Gebrauch. Dieses nebenwirkungsfreie Verfahren birgt jedoch viel Potenzial, ist die Akzeptanz der Patienten doch groß und der schmerzlindernde Effekt zuverlässig. Die Deutsche Gesellschaft für Zahnärztliche Hypnose e.V. (DGZH) bietet eine Liste mit Zahnarztpraxen, die eine zahnärztliche Hypnose durchführen.
Und noch etwas...
Niemand lacht Sie aus. Niemand rümpft die Nase. Niemand blickt entsetzt oder kritisch oder ist skeptisch.
Ein vertrauenswürdiger Zahnarzt für Angstpatienten würde niemals, auch nicht ansatzweise, über den vielleicht schlimmen Zustand Ihrer Zähne oder Ihres Zahnfleisches lachen oder auch nur abschätzig blicken oder stumm den Kopf schütteln. In einer seriösen Zahnarztpraxis, die sich auf Angstpatienten, wie Sie, spezialisiert hat, müssen Sie sich beim Öffnen Ihres Mundes keine Vorwürfe anhören oder auch nur wortlose Verachtung fühlen.
Dass Sie persönlich den Mut aufgebracht haben in die Praxis zu kommen, das verdient Wertschätzung.